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    ZBW Hamburg: New Work in Eigenregie

    • Illustration

      Victor König

    Dass eine New-Work-Initiative nicht immer von oben kommen muss, zeigt ein Pilotprojekt an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Hier hat eine Gruppe von sieben Mitarbeitenden die Sache selbst in die Hand genommen und mit einem Bottom-up-Ansatz ihr Arbeitsumfeld zukunftsweisend umgestaltet. Ein Erfahrungsbericht.

    Die Situation kennt man derzeit aus vielen Organisationen: reihenweise Beschäftigte, die gerne von ihren Homeoffices aus arbeiten und nur mehr für bestimmte Aufgaben und Gelegenheiten in ihre Büros kommen. So auch bei uns an der ZBW: In unserer Abteilung taten sich einige meiner Kolleg:innen zusammen, um gemeinsam den Wunsch nach mehr Homeoffice-Tagen und einer flexibleren Gestaltung der Arbeitszeiten vorzubringen. Damit rannten sie offene Türen ein, denn unser Institut befasste sich da bereits mit dem Thema New Work und machte gleich ein Pilotprojekt daraus. Die Leitungsebene ließ uns als Projektteam freie Hand in der Ausgestaltung, ohne Vorgaben von außen. Ziel war es, neue Arbeitsformen zu testen, das Arbeitsumfeld entsprechend umzugestalten und die vorhandenen Raumstrukturen zu überdenken. Die Bedingung: kein Anspruch auf Einzelbüros und die eigenverantwortliche Umsetzung des Projekts.

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      Raum Ottensen nach seiner Verwandlung zum multifunktionalen Sitzungsraum mit Konferenztechnik

      Foto: ZBW

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      Raum Fischmarkt ist mit Sofa und Kaffeemaschine ein wichtiger Begegnungs- und Gemeinschaftsraum, der auch multifunktional nutzbar ist.

      Foto: ZBW

    Zu diesem Zeitpunkt wurde ich mit der Umsetzungsplanung beauftragt. In der Sondierungsphase ging es zunächst um Fragen wie zum Beispiel: Wie verändert sich die Arbeit? Oder hat sie sich schon verändert? Eine Umfrage im Projektteam ergab, dass inzwischen fast alle nur noch von zu Hause aus arbeiten und jeder im Schnitt nur noch einmal pro Woche ins Büro kommt. Damit stellten sich neue Fragen: Für welche Aufgaben komme ich überhaupt noch ins Büro? Und: Brauche ich den Büroraum überhaupt noch? Wie sich in der Umfrage herausstellte, nutzten die Kolleg:innen ihre Präsenztage hauptsächlich für Besprechungen oder um die immer weniger werdenden gedruckten Publikationen zu bearbeiten – Tätigkeiten, die hohe Konzentration oder eine bestimmte Raumsituation erfordern. Die bestehenden Einzelbüros entsprachen daher nicht mehr den aktuellen Arbeitssituationen.

    Räume neu denken

    Doch wie lassen sich die erforderlichen neuen Raumtypen am besten definieren? Wir kamen zu dem Ergebnis, dass die zentrale Arbeitsstätte zu einem Bindeglied werden sollte, das all die kleinen Satellitenbüros zu Hause vereinen sollte. Eine Art gemeinsames Zuhause, in das immer wieder alle zurückkehren und das einen Raum für persönliche Begegnungen schafft. Zudem braucht es auch Rückzugsorte, an denen ungestörtes Arbeiten möglich ist. Die darauf fußende Raumplanung war limitiert auf die ehemaligen Büros aller Projektbeteiligten. Da die ZBW Hamburg 2026 in ein neues Gebäude umziehen wird, konnten keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden – mal abgesehen davon, dass das Budget angesichts hoher Energie- und steigender Personal- sowie geplanter Umzugskosten nur begrenzt war. Wir hatten fünf Räume zur Verfügung, deren Verwendungszweck wir neu gestalten konnten.

    Auf Basis der Umfrageergebnisse legten wir fest, dass es zukünftig zwei flexible Arbeitszimmer geben wird mit jeweils zwei voll ausgestatteten Arbeitsplätzen. Ein gesondertes Büro wurde für Telefon- oder Videokonferenzen vorgesehen – von uns „Telefonzelle“ genannt. Dies soll gewährleisten, dass man sich während der Ausübung der verschiedenen Aufgaben nicht gegenseitig stört. Blieben noch zwei Räume übrig, die das Herzstück persönlicher Begegnungen werden sollten – unsere Multifunktionsräume. Multifunktional, da hier unterschiedlichste Arbeitssituationen ermöglicht werden: egal, ob man zwischen ein paar Sitzungen mal kurz seine Mails checkt oder mit eine:r Kolleg:in spontan in den fachlichen Austausch geht und dabei gegebenenfalls unkompliziert auf das nötige Besprechungsequipment zurückgreifen kann. Aber die Multifunktionsräume sollten auch Raum und Equipment für geplante hybride Sitzungen und Workshops bieten. Entsprechend hoch waren die Anforderungen an das Mobiliar und die Ausstattung der Räume. Die Möbel sollten modular und leicht verschiebbar sein, damit das Arbeitsumfeld je nach Bedarf gestaltet werden kann – sitzend auf dem Sofa oder an Besprechungstischen oder stehend an Schreib- oder Hochtischen. Leichte und bewegliche Whiteboards sowie ein mobiler Screen sollen ermöglichen, dass sich der Raum je nach Arbeitskontext schnell verändern lässt.

    Identifizierte Raumtypen

    TelefonzelleEinzelbürosGemeinschaftsraum
    ZweckKonzentrierte, ungestörte Arbeitseinheiten, TK, VKKonzentriertes ArbeitenSpontane Zusammenkünfte,​ Soziales, kollegialer Austausch
    AnwendungFür den gesamten Arbeitstag oder stundenweise buchbarGanzer Arbeitstag buchbar​Flexibel nutzbar

    Die neuen Räume dienen nicht nur der Arbeit, sondern sollen auch den spontanen sozialen und persönlichen Austausch fördern, der durch den inzwischen hohen Anteil virtueller Meetings seltener geworden ist. Dazu sollte durch bequemes Mobiliar (Sofa, Sessel), Deko (Bilder) und eine freundliche Wandfarbe eine ansprechende, wohnliche Atmosphäre geschaffen werden. Die Projektgruppe stimmte letztlich anhand von sechs verschiedenen Moodboards über die Gestaltung ab. Weitere Möbel kamen aus einer Liste hinzu, die in der ZBW bereits für ein New-Work-Konzept erstellt wurde. Und wir schauten uns auch an unserem Standort um, was an Mobiliar noch vorhanden war und für uns nachnutzbar. So kam es zum Beispiel zu einer Spende des Direktors. Ein wenig genutztes Sofa und ein mobiler Screen wanderten von der Chefetage in unsere Räume.

    Da wir über zwei Multifunktionsräume verfügen, aber nicht alle Möbel einfach verschoben werden können, hat jeder Raum seinen eigenen Charakter und seine Grundaufgabe: ein Sitzungsraum (Raum Ottensen), in dem sich auch die Technik befindet, und ein Begegnungsraum – quasi unser Wohnzimmer mit Sofa und Kaffeemaschine (Raum Fischmarkt).

    Nach den Abstimmungsrunden im Team begann für uns der zeitaufwendige Beschaffungsprozess: Anträge schreiben, ungeeignete Anbieter (die nicht den Beschaffungsrichtlinien entsprechen) aussortieren, nach neuen Anbietern suchen und mit deren Angebot die Räume umgestalten, neue Abstimmungsrunden (Moodboards), neue Anträge, feststellen, dass manche Artikel nicht mehr lieferbar sind, wieder suchen und Anträge schreiben oder warten, bis die Artikel wieder auf Lager sind, dann weiter warten wegen der teilweise langen Lieferzeiten; ein Jahr später waren die Räume fertig!

    Regeln für Raumnutzung

    Eingeweiht haben wir unsere neue, im Sinne von New Work konzipierte Arbeitsumgebung dann Anfang 2024 mit einem Workshop für die Pilotgruppe und die ganze Abteilung. Ziel war es, die Räume mit Leben zu füllen und es allen zu ermöglichen, das Arbeiten in unterschiedlichen Kontexten zu testen. Wir begannen mit einer hybriden Sitzung, um auch die Funktion des technischen Equipments zu demonstrieren, setzten zum ersten Mal den Kaffee-Vollautomaten in Betrieb und diskutierten in Gruppenarbeit über die weitere Raumnutzung: Gibt es Regeln zur Raumnutzung? Wie können wir die Räume allen Mitarbeitenden in der ZBW zur Verfügung stellen?

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    ​​Raumplanung auf Basis der Raumtypen

    Besonders der letzte Punkt war uns wichtig, denn die Multifunktionsräume sind Raumvorschläge, die möglichst häufig und von allen getestet werden sollen. Hier möchten wir Erfahrungen sammeln, die in die zukünftige Raumgestaltung der ZBW einfließen. Zur besseren Auswertung ist geplant, die Möbelstücke mit einem QR-Code zu versehen (Wie findest du mich?), über den man ein Feedback zu den einzelnen Möbeln abgeben kann.

    Wir nutzen nun die Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag, um kontinuierlich Anpassungen vorzunehmen, wenn nötig. So zog die Kaffeemaschine vom Sitzungsraum ins Wohnzimmer, damit sie stets frei zugänglich ist, auch dann, wenn nebenan eine Besprechung stattfindet. Zudem haben wir noch Schließfächer für Taschen etc. in den Raum integriert.

    Von Beschäftigten für Beschäftigte

    Seit Ende Mai 2024 können die Räume von allen Beschäftigten der ZBW gebucht werden, und wir rühren fleißig die Werbetrommel, damit nicht nur unsere Abteilung diese Möglichkeit nutzt. Dazu haben wir zum einen alle Beschäftigten per Mail und Newsletter informiert und zum anderen unser Pilotprojekt in einer internen Informationsveranstaltung noch einmal vorgestellt. Die Räume werden nun zunehmend von Kolleg:innen aus unserer und anderen Abteilungen für verschiedene Arbeitskontexte genutzt. Und das Ziel, nun auch Kolleg:innen aus anderen Bereichen wieder zufällig vor Ort zu treffen, hat sich bereits erfüllt!